Kommissar Breslmaiers fünfter Fall:
Schwammerlmord
veröffentlicht am 21. Juni 2025
Seitenzahl: 234 Seiten
Leseprobe:
1 – das fängt ja schon wieder gut an
„Es ist besser, Pantoffeln zu tragen, als die
Welt mit Teppichen zu belegen“
(Buddha)
Was für ein Tag. Es ist noch früh am Morgen, die Sonne kommt allmählich durch die dichten Blätter und wärmt mich ein bisschen. Aber der frühe Vogel fängt den Wurm. Der Bayerische Wald ist schon ein Paradies für uns: Wandern, Mountainbiken, Skifahren und und und …. und natürlich ab Ende Juli Schwammerlsuchen. Dafür muss man allerdings wissen, was und wo. Und ich kenne einige Plätze, wo ich sicher sein kann, dass sie dort auf mich warten, und zwar die Richtigen. In meinem Korb sind schon ein Paar Steinpilze, ganz gesund und frisch. Was ist das? ….. Ich sehe deutliche Fußspuren. Das macht mich neugierig. Ein Schwammerl-Wilderer in meinem Revier? Ich muss den Spuren folgen, sie führen mich ein bisschen weg von meinem geplanten, üblichen Pfad.
Der Wald wird dichter. Plötzlich sehe ich jemanden liegen. Ich nähere mich, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist. Es ist ein unbekannter Mann, etwa vierzig Jahre alt, mit braunem Haar und Vollbart, gekleidet in Jeans und Pullover. Er liegt auf dem Rücken, seine Arme leicht ausgebreitet, mit einer blutenden Wunde an der linken Schläfe. Seine offenen Augen starren mich an. Ich taste seinen Puls – nichts, kein Lebenszeichen. Der Mann ist tot. Mir wird ganz anders. Ich habe noch nie einen Toten in Natura gesehen. Mir wird schlecht …… eines fällt mir noch auf: sonderbar, um ihn herum sind lauter Schwammerl angeordnet. Ganz eigenartig. Um den ganzen Oberkörper und an den Armen entlang, an der Außenseite, hat jemand sich die Mühe gemacht und Schwammerl aufgereiht. Helle und dunkle Farben. Alle noch relativ frisch. Verschiedenste Sorten. Sehr komisch. Irgendwie ein sonderbares Muster. Wer macht denn so was und warum? …. Ein Toter hier mitten im Wald und ich muss ihn finden!
Ich sollte sofort die Polizei informieren. Aber hier tief im Wald gibt es natürlich kein Netz! Armes Deutschland.
Ich schnaufe noch ein paar Mal tief durch. Jetzt geht es besser. Nur noch ein paar Fotos mit meinem I-Phone und dann gehe ich genau den Weg zurück, den ich gekommen bin. Na, hoffentlich finde ich ihn später wieder …..
Immer wieder schaue ich auf mein Handy, um zu sehen, ob schon Empfang ist. Na endlich: jetzt habe ich ein Netz und kann die Polizei informieren. Zwar nur ein bis zwei Striche, das sollte reichen.
Ich kann ihnen nicht sagen, wo der Tote liegt. Sie müssen mich finden, damit ich ihnen den Weg zeigen kann.
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Büroarbeit kann so öde sein. Frau Stöcklgruber und ich sind in unsere Arbeit vertieft, als das Telefon klingelt.
„Breslmaier“, melde ich mich gelangweilt, ich kann die Nummer von Frau Unholzer erkennen, „hallo Frau Unholzer, was gibt´s?“
„Herr Breslmaier, ich habe jemand am Telefon, der anscheinend irgendwo auf der Rusel im Wald einen Toten gefunden hat. Soll ich ihn durchstellen? Also nicht den Toten, sondern den Anrufer?“
„Ja bitte“, meinte ich inzwischen interessiert und belustigt, ich setzte mich gerade auf, „stellen sie durch. Da bin ich wirklich gespannt, was der mir zu berichten hat.“
Frau Unholzer stellte den Anrufer durch: „Hauptkommissar Breslmaier, Mordkommission Deggendorf, wie kann ich ihnen helfen?“
„Ja endlich“, meldete sich eine nervöse und ängstliche männliche Stimme „im Wald hier auf der Rusel liegt ein Toter. Bitte kommen sie schnell.“
„Ganz ruhig. Zunächst einmal: wie heißen Sie und wo sind sie genau? Wie kann ich sie finden?“
„Mein Name ist Kurt Reinheimer. Leider habe ich keine Ahnung, wo ich hier genau bin. Ich steh hier mitten im Wald auf der Rusel. Ich bin froh, dass ich überhaupt ein Netz habe.“
„Was für ein Handy benutzen sie gerade?“
„Ein I-Phone.“
„Ah, das ist gut. Ich gebe ihnen jetzt meine Handynummer und dann rufen sie folgende App auf, die heißt: Karten. Die sollte normalerweise auf der Startseite auf ihrem I-Phone zu finden sein. Dort können sie mir ihren Standort mitteilen.“
Ich gab ihm meine Handynummer und er gab sie in sein Handy ein.
„Und jetzt?“ wollte er von mir wissen.
„Jetzt legen sie auf und rufen mich unter der neuen Handynummer zurück. Sie speichern sie dann ab unter ihren Kontakten. Wissen sie, wie das geht?“
„Ja, klar, habe ich schon öfters gemacht.“
Er beendete das Gespräch und auch ich drückte ihn weg. Kurz darauf läutete mein Handy und Herr Reinheimer war dran.
„Na, das hat ja bisher alles gut funktioniert“, meinte ich erleichtert. „Und jetzt teilen sie ihren aktuellen Standort. Auf der App ganz nach unten scrollen und dann mit dem Punkt: Standort teilen, schicken sie mir unter WhatsApp ihren aktuellen Standort.“
Kurz darauf kam auch die WhatsApp von Herrn Reinheimer auf meinem Handy. Ich konnte nun genau anhand der Koordinaten erkennen, wo er sich befand.
Ich rief ihn umgehend zurück und teilte ihm mit, dass wir schon unterwegs wären und er sich auf keinen Fall wegbewegen sollte. Er versprach, sich ruhig zu verhalten und auf uns zu warten.
Ich informierte noch kurz Frau Stöcklgruber und riet ihr, doch andere Schuhe anzuziehen, denn ein Ausflug in den Wald mit Stöckelschuhen, ist sicher nicht unbedingt zu empfehlen. Zum Glück hatte sie immer feste Schuhe in Reserve und so konnten wir in Richtung Rusel starten.
Es war wenig Verkehr und wir kamen gut voran.
„Mina, es ist schon komisch, dass wir immer wieder die Rusel als Tatort haben“, wandte ich mich, während ich zügig weiterfuhr, an meine Kollegin. „Ich frage mich wirklich ernsthaft, ob wir beide das irgendwie beeinflussen. War doch früher nicht. Was meinst du?“
„Ja Franz, ich habe mich das auch schon gefragt. Aber ich habe keine schlüssige Antwort darauf, warum das so ist. Nehmen wir es wie es ist. Ändern können wir das sowieso nicht. Komm, lass uns das Beste daraus machen.“